Rechtsanwälte
Liebert & Röth

030 20615760
Jetzt anrufen
Liebert & Röth Rechtsanwälte PartmbB
Mit uns kommen Sie zuRecht    (030) 20615760

Die virtuelle Eigentümerversammlung in der Wohnungseigentümergemeinschaft

WEG Recht - Eigentümerversammlung Online Liebert und Roeth Rechtsanwälte Berlin

Liebert & Röth: Rechtsanwälte für WEG-Recht Berlin & bundesweit

Seit der Corona-Pandemie haben sich Videokonferenzen und andere Formen der Online-Kommunikation in vielen Bereichen, insbesondere im Geschäftsleben, durchgesetzt.

Auch im Wohnungseigentumsrecht werden die Möglichkeiten virtueller Eigentümerversammlungen bzw. Online-Versammlungen lebhaft diskutiert und gefordert.

Die Reform des Wohnungseigentumsrechts, die neben den so genannten Balkonkraftwerken (hierzu mehr in unserem Artikel: Balkonkraftwerke und Wohnungseigentumsrecht) auch echte virtuelle Eigentümerversammlungen ermöglichen soll, steckt derzeit im Gesetzgebungsverfahren fest.
Umstritten ist insbesondere, welche Mehrheiten für die Einführung virtueller Versammlungen erforderlich sein sollen und wie lange ein solcher Beschluss Bestand haben soll.
Dieser Beitrag erläutert den ursprünglichen Rechtszustand vor der WEG-Rechtsreform 2020, was derzeit bereits im Rahmen einer Versammlung möglich ist und was der Gesetzesentwurf vorsieht.

Ursprüngliche Rechtslage bis 2020

Zunächst ein Blick zurück auf die Rechtslage vor Dezember 2020.

Willensbildung der WEG grundsätzlich nur in Präsenzversammlung

Bis 2020 war die Wohnungseigentümerversammlung eine reine Präsenzveranstaltung, in der die Wohnungseigentümer ihre Rechte nur vor Ort ausüben konnten.
Diese Regelung war zwar grundsätzlich nicht zwingend. Abweichende Regelungen bedurften jedoch einer Vereinbarung (Gemeinschaftsordnung) oder der Legitimation eines Mehrheitsbeschlusses durch eine Öffnungsklausel.
Die Teilnahme an der Eigentümerversammlung und die Ausübung des Stimmrechts sind und waren keine höchstpersönlichen Angelegenheiten und können daher auch durch einen Bevollmächtigten ausgeübt werden.

Theoretisch ist daher jeder Wohnungseigentümer berechtigt, sich bei der Ausübung seines Stimmrechts und damit bei der Teilnahme an der Wohnungseigentümerversammlung durch einen beliebigen Dritten vertreten zu lassen.
Im konkreten Einzelfall hing und hängt die Möglichkeit der Vertretung bzw. der Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht jedoch zunächst davon ab, ob dieser Grundsatz durch eine Regelung in der Teilungserklärung oder durch eine nachträgliche Vereinbarung eingeschränkt wurde. Eine solche Beschränkung der Vertretungsmöglichkeiten auf einen bestimmten Personenkreis - z.B. Ehegatten, Kinder, andere Wohnungseigentümer und den Verwalter - ist durchaus üblich.

Ausnahme Umlaufbeschluss

Die einzige Ausnahme, die das Gesetz von jeher vorsah, war die schriftliche Beschlussfassung gemäß § 23 Abs. 3 WEG (a.F.). Diese setzte aber die Zustimmung aller Wohnungseigentümer voraus, was bei größeren Anlagen regelmäßig nicht zu erreichen war. Bereits eine Stimmenthaltung stand einer Beschlussfassung nach § 23 Abs. 3 WEG (a.F.) entgegen.
Eine schriftliche Beschlussfassung im Umlaufverfahren war nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer möglich.

Neuerungen durch die WEG-Novelle 2020 (WEMoG)

Mit der Reform 2020 (eine umfassende Darstellung der Änderungen finden Sie in unsrem Artikel: WEG-Reform 2020) wurde mit den alten Grundsätzen gebrochen und erste Weichen für eine erleichterte Beschlussfassung ohne physische Anwesenheit in der Eigentümerversammlung gestellt.

Online-Teilnahme an Wohnungseigentümerversammlungen

Das Gesetz ermöglicht erstmals die Teilnahme von Wohnungseigentümern ohne physische Anwesenheit. Die technischen Details sind nicht geregelt, so dass verschiedene Formen der Online-Teilnahme möglich sind. Die Online-Teilnahme muss durch Beschluss zugelassen werden.

Ein solcher Beschluss kann jedoch im Rahmen einer Beschlussersetzungsklage nach § 44 WEG ersetzt werden, wenn nur die Zulassung der Online-Teilnahme ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Dies kann z.B. bei weit entfernt wohnenden oder in ihrer Mobilität eingeschränkten Wohnungseigentümern der Fall sein, wenn keine berechtigten Interessen anderer Wohnungseigentümer entgegenstehen.
Dies eröffnet die Möglichkeit, eine Wohnungseigentümerversammlung auch vollständig digital durchzuführen.
Allerdings darf kein Wohnungseigentümer zur digitalen Teilnahme gezwungen werden. Äußert ein Eigentümer den Wunsch nach physischer Teilnahme, ist die Verwaltung verpflichtet, entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Kein Zwang zur Online-Teilnahme

§ 23 Abs. 1 Satz 2 WEG stellt lediglich eine zusätzliche Möglichkeit für diejenigen Wohnungseigentümer dar, die nicht persönlich an der Eigentümerversammlung teilnehmen wollen. Die Vorschrift ermächtigt die Mehrheit der Wohnungseigentümer nicht, die zwangsweise Durchführung der Eigentümerversammlung als Online-Veranstaltung zu beschließen.

Formvorschriften für Umlaufbeschlüsse

Die Formerfordernisse für Umlaufbeschlüsse wurden durch § 23 Abs. 3 WEG dahingehend abgesenkt, dass eine Zustimmung in Textform ausreicht.
Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt.

Geplante Reform

Der Referentenentwurf zur Reform geht einen wesentlichen Schritt weiter:

  • Danach soll es künftig möglich sein, Eigentümerversammlungen gänzlich ohne physische Präsenz durchzuführen. Der Begriff der virtuellen Eigentümerversammlung wäre dann tatsächlich gerechtfertigt.

  • Die Wohnungseigentümer können die Durchführung von Online-Versammlungen für einen Zeitraum von maximal 3 Jahren beschließen. Ein Beschluss zur Einführung von Online-Versammlungen kann nicht rückgängig gemacht werden.
  • Der Beschluss über die Einführung von Online-Versammlungen bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Es zählen nur die abgegebenen Stimmen. Ein Quorum ist nicht erforderlich.
  • Im Gegensatz zu früheren Regelungen zu qualifizierten Mehrheiten enthält der Gesetzentwurf keine Vorgaben zur Stimmkraft. Soweit die Gemeinschaftsordnung eine von § 25 Abs. 2 S. 1 WEG abweichende Stimmverteilung vorsieht (z.B. Einheits- oder Wertprinzip, vgl. hierzu unseren Beitrag: WEG-Recht und Stimmrechte ), gilt diese auch für den Beschluss über die Einführung von Online-Versammlungen.

Insgesamt ermöglicht das WEMoG mehr Flexibilität bei der Durchführung von Eigentümerversammlungen, insbesondere durch die Zulassung virtueller Formate. Die neuen Regelungen bieten den Wohnungseigentümern verschiedene Möglichkeiten, auf die Bedürfnisse der Gemeinschaft zu reagieren.

Mehr zum Thema WEG-Recht finden Sie auch auf unserer Website in der Kategorie Wohnungseigentumsrecht.
Mehr zum Autor Rechtsanwalt Martin Liebert  finden Sie unter RA Martin Liebert.

team liebert roeth rechtsanwalt berlin

Kontaktieren Sie uns