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HOAI 2021

Architektenrecht Berlin: Reform der HOAI im Jahr 2020

Liebert & Röth Rechtsanwälte: Architektenrecht für Berlin & bundesweit

Mit der Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ist zum Ende des Jahres 2020 die nächste Änderung im Architektenrecht und damit auch im Immobilien- und Baurecht erfolgt. Die neue HOAI ist am 01.01.2021 in Kraft getreten.
Dabei handelt es sich nicht um eine grundlegende Novellierung oder große Reform der Honorarordnung, sondern um eine kurzfristige Anpassung, die aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs notwendig wurde. Die wesentlichen Parameter der HOAI bleiben daher bestehen.
Was für Planerverträge gilt, die bis zum 31.12.2020 abgeschlossen wurden, erfahren Sie hier unter der Überschrift Klärung durch den EuGH.

Eine Einführung in die HOAI finden Sie in dem Artikel HOAI - Eine Einführung in das Preisrecht der Architekten und Bauingenieure

Hintergrund

Bekanntlich hat der Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 04.07.2019 (Az.: C-377/17) die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in Teilen für europarechtswidrig erklärt. Nach Auffassung des EuGHs verstoßen die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze des § 7 Abs. 1 HOAI gegen die europäische Dienstleistungsrichtlinie und die Niederlassungsfreiheit in der Europäischen Union.

Reform durch den Gesetzgeber

Damit war klar, dass die bundeseinheitliche Regelung durch den deutschen Gesetzgeber umgehend geändert werden muss. Der Zeitplan konnte trotz Corona eingehalten werden. Die neue HOAI istz um 01.01.2021 in Kraft getreten. Zudem musste das Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG) angepasst werden. 

Inhalt der HOAI Reform 2020

Umso wichtiger war es, dass der Gesetzgeber seinem Auftrag nachkam und schnell für die Zukunft Klarheit schaffte. Hier sind die wesentlichen Änderungen in der HOAI 2020.

Mindest- und Höchstsätze der HOAI wurden gestrichen

Die HOAI sieht für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren keine verbindlichen Mindest- bzw. Höchstsätze mehr vor. Die Honorare für Planerleistungen sind in neuen Architektenverträgen nunmehr frei vereinbar.
Die bisherigen Honorartafeln sind damit in Zukunft unverbindlich, sollen aber eine Orientierung für die Honorarhöhe bieten. Dies hat der Gesetzgeber an vielen Stellen der Novellierung berücksichtigt:

  • So stellt § 1 HOAI klar, dass die Regelungen der HOAI zum Zwecke der Honorarberechnung einer Honorarvereinbarung zugrunde gelegt werden können (also nicht mehr müssen).
  • Der neu eingefügte § 2 a HOAI stellt klar, dass die Honorartafeln der HOAI Orientierungswerte ausweisen (also nicht mehr verbindlich sind).
  • In § 3 HOAI und in allen anderen Stellen an denen von verbindlichen Regelungen die Rede war, wurde die Verbindlichkeit gestrichen.

Änderung des örtlichen Geltungsbereiches der HOAI

Die Geltung der HOAI 2020 ist nicht mehr beschränkt auf ArchitektInnen und IngenieurInnen mit Sitz im Inland. Der Passus in § 1 HOAI , dass die HOAI nur für Planer mit Sitz im Inland für Leistungen vom Inland aus gelten sollte, wurde ersatzlos gestrichen.

Vereinfachte Formerfordernisse

Darüber hinaus ist es für eine wirksame Honorarvereinbarung nicht mehr erforderlich, dass diese bereits zur Auftragserteilung schriftlich abgefasst ist. Die bisher sehr strengen Formanforderungen der HOAI (schriftlich, vor Beginn der Arbeiten abgeschlossen) wurden reduziert.
In Zukunft reicht die Textform gemäß § 126 b BGB aus. Honorarvereinbarungen können daher nunmehr zeitgemäß auch in E-Mails oder PDF niedergelegt werden, ohne dass es eines Schriftstücks mit Unterschriften bedürfte.
Das Kriterium „bei Auftragserteilung“ wurde überall gestrichen, was den Abschluss von Vereinbarungen wesentlich erleichtert. Dieses Kriterium erwies sich oft als Fußangel für Architekten, die häufig im Vertrauen auf den späteren Abschluss eines schriftlichen Architektenvertrages zu arbeiten begonnen hatten und dann von ihren Auftraggebern immer wieder vertröstet wurden.
Ab sofort müssen Vereinbarungen also nicht vor Beginn der Arbeiten fest vereinbart sein, sondern können - in Textform - auch noch zu einem späteren Zeitpunkt fixiert werden.

Fälligkeit des Honorars - Schlussrechnung

Die bisher in § 15 HOAI enthaltene Regelung zur Fälligkeit des Honorars wurde ersatzlos gestrichen, die Norm verweist nur noch auf die entsprechenden Normen im BGB. Es handelte sich im § 15 HOAI a. F. um Regelungen zum materiellen Architektenrecht und nicht zum Preisrecht, das die HOAI allein regelt. Hierfür dürfte demnach keine wirksame Ermächtigungsgrundlage des Verordnungsgebers vorgelegen haben.
Im Übrigen liegt mit § 650 g Abs. 4 BGB seit der großen Baurechtsreform zum 1.1.2018 dazu eine für alle Werkverträge am Bau nunmehr sinnvolle Regelung enthält. Die eigenständige Regelung in der HOAI wurde damit obsolet.

Nachdem das Honorar nunmehr grundsätzlich frei vereinbar ist, muss sich eine prüfbare Schlussrechnung nach der vereinbarten Honorarregelung richten und für den Auftraggeber verständlich sein, wie dies etwa auch im Wirkungsbereich der VOB/B gilt. Wenn die Vertragsteile die Höhe des Honorars und die Ermittlung des Honorars nach HOAI vereinbart haben, dann ist selbstverständlich nach den Regelungen der HOAI abgerechnet werden.

Potenzial für Missverständnisse in § 3 Abs. 1 HOAI

Der neue § 3 Abs. 1 HOAI könnte so verstanden werden, als ob hier eine Bestimmung zum Inhalt der Leistung bzw. der Leistungspflicht der Architekten und Ingenieure getroffen werden sollte, weil hier von Grundleistungen die Rede ist, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrags erforderlich sind.

Man könnte diese Bestimmung fälschlicherweise so verstehen, dass hier eine Art gesetzliche Beschreibung der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit der Architekten- oder Ingenieurleistung enthalten ist mit der Folge, dass die Abweichung davon bedeutet, dass die Leistung mangelhaft ist. Auch hier würde es an der gesetzlichen Ermächtigung des Verordnungsgebers fehlen.
In der Begründung zur Verordnung hat der Verordnungsgeber klargestellt, dass eine materiellrechtliche Regelung zum Inhalt von Architektenvertrages nicht gemeint ist. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des BGH der regelmäßig betont, dass die HOAI lediglich Preisrecht darstellt, aber gerade nicht definiert, was der Architekt zu leisten hat.

Hinweispflicht des Planers

Der neue § 7 Abs. 2 HOAI statuiert eine Hinweispflicht des Planers in den Fällen, in denen sein Auftraggeber ein Auftraggeber ist dahingehend, dass ein höheres oder niedrigeres Honorar als die in den Honorartafeln enthaltenen Werte vereinbart werden könnte.
Damit drängt sich eben die Frage auf, was denn gelten soll, wenn Architekten und Ingenieure diesen Hinweis nicht erteilen. Wenn man darin eine vorvertragliche Pflicht Planers sehen wollte, dann läge eine Pflichtverletzung vor und damit ein Ansatzpunkt für einen Schadenersatz wegen Pflichtverletzung. Fraglich ist aber auch an dieser Stelle wieder, dass der Verordnungsgeber für eine derartige materiellrechtliche Hinweispflicht haben dürfte. Hier ist abzuwarten, die die Gerichte diese Norm beurteilen werden.

Geringfügige Änderung beim Umbauzuschlag

§ 6 Abs. 2 S. 3 HOAI a. F. enthielt seit der HOAI 2013 die unwiderlegliche Vermutung eines Umbauzuschlags von 20 %, wenn keine schriftliche Vereinbarung zum Umbauzuschlag vorlag. Das „unwiderleglich“ wurde gestrichen. Es gilt also in Zukunft die Vereinbarung eine Umbauzuschlags als vereinbart, diese gesetzliche Vermutung kann aber in Zukunft widerlegt werden.

 

Umgang mit Altfällen

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 04.07.2019 (Az.: C-377/17) war lange Zeit unklar, was bis zu einer Reform beziehungsweise für Altfälle nach einer Reform gelten soll.

Unsicherheiten in der Rechtsprechung geklärt

Die deutschen Obergerichte waren sich keineswegs einig, wie sich das Urteil des Europäischen Gerichtshofs auf bestehende Rechtsstreitigkeiten auswirkte.

Hierzu einige Beispiele:

OLG Celle, Urteil vom 23.07.2019 (Az.: 14 U 182/18)

Dem Urteil des OLG Celle vom 23.07.2019 (Az.: 14 U 182/18) lag eine Pauschalvereinbarung für Architektenleistungen zugrunde, welche die Höchstsätze der HOAI überschritten hatte. Das OLG Zelle war der Auffassung, dass es auf § 7 Abs. 1 HOAI nicht mehr ankomme, da die Höchstsätze der HOAI gegen höherrangiges Recht der EU verstoßen würde. Somit seien Höchst- und Mindestsätze gegenstandslos und auch nicht mehr auf bestehende Vertragsverhältnisse anzuwenden. Nach Ansicht des OLG Celle schlug das Urteil des EuGHs vom 04.07.2019 also direkt auf Architektenverträge durch.

OLG Hamm, Urteil vom 23.07.2019 (Az.: 21 U 24/18)

Völlig anders als das OLG Celle entschied das OLG Hamm im Urteil vom 23.07.2019 (Az.: 21 U 24/18) über ein Pauschalhonorar des Architekten, dass unter den Mindestsätzen der HOAI lag. Das OLG Hamm hielt die Mindestsatzfiktion des HOAI trotz des Urteils des EuGHs weiterhin für anwendbar und sah daher die zu niedrige Pauschalvereinbarung als unwirksam an. Nach der Vorstellung des OLG gab es somit keine unmittelbare Auswirkung des EuGH-Urteils auf das innerdeutsche Recht.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 19.08.2019 (Az.: 21 U 20/19)

In einem umfangreich begründeten Hinweisbeschluss hat sich das Kammergericht Berlin mit Beschluss vom 19.08.2019 (Az.: 21 U 20/19) im Ergebnis der Rechtsauffassung des OLG Hamm angeschlossen. Auch hier wird die Meinung vertreten, dass die HOAI bis zur Reform auch weiterhin im Rahmen von Zivilrechtsstreitigkeiten anwendbar sei und das Urteil also nicht unmittelbar auf aktuelle Prozesse durchschlägt.

OLG München, Beschluss vom 08.10.2019 (Az.: 20 U 94/19)

Zuletzt hatte sich das OLG München mit Beschluss vom 08.10.2019 (Az.: 20 U 94/19) zu Wort gemeldet und entschieden, dass die HOAI in jedem Fall zumindest zwischen Privatrechtsobjekten weiterhin Anwendung finde und weiter ausgeführt, dass ein nationales Gericht nicht verpflichtet sei, die mit dem Unionsrecht unvereinbaren Bestimmungen der HOAI nicht mehr anzuwenden. Es sei stattdessen die Aufgabe des Gesetzgebers, die unionsrechtswidrigen Normen aufzuheben und abzuändern. Für den vom OLG München entschiedenen Fall bedeutete dies, dass die Vereinbarungen des Pauschalhonorars, die die Mindestvergütung nach der HOAI erheblich unterschritt, nichtig war und dem Architekten der Mindestsatz zustand.

Keine Klarstellung durch den BGH

Aufgrund der durch diese Rechtssprechungsdivergenzen entstehenden Unsicherheiten bestand die Hoffnung, dass der BGH als Revisionsinstanz im Fall des OLG Hamm für Klarheit sorgen würde.
Im Beschluss vom 14.05.2020 (Az.: VII ZR 174/19) hat der BGH allerdings den Streit zwischen den deutschen Oberlandesgerichten nicht entschieden, sondern das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH mehrere Fragen im Zusammenhang mit den Folgen eines Urteils für laufende Gerichtsverfahren in einem Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt.


Klärung durch den EuGH

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 18.01.2022 (Az. C-261/20) entschieden, dass weder die Dienstleistungsrichtlinie noch sein früheres Vertragsverletzungsurteil der Anwendung des verbindlichen Preisrahmens der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) entgegenstehen.
Dieses Urteil, das auf dem oben dargestellten Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs (BGH) beruht, klärt das Verhältnis von (europäischem) Unionsrecht und nationalem Recht der Mitgliedstaaten. Der EuGH hat entschieden, dass es keine europarechtlichen Regelungen gibt, die die Gerichte verpflichten würden, die Regelungen eines nationalen Gesetzes ab sofort nicht mehr anzuwenden.
Dem ist der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 02.06.20202 im Rahmen der Vergütungsklage eines Ingenieurs gefolgt (Az. VII ZR 174/19). Deutsche Gerichte können die bis 2020 geltende Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) bei Streitigkeiten zwischen Planern und Privatpersonen im Rahmen von Erhöhungsklagen weiterhin anwenden.

Konsequenzen der Klarstellung des EuGH

Das Urteil bedeutet, dass uns die Nachtragsforderungen oder Aufstockungsklagen noch eine Weile begleiten werden.
Denn hat ein Planer in einem bis zum 31.12.2020 geschlossenen Vertrag eine Honorarvereinbarung getroffen, die zu einem geringeren Honorar führt als eine Berechnung nach dem Mindestsatzrecht der HOAI 2009 oder 2013, kann er nun doch einen „Nachschlag“ (Aufstockung) verlangen und unter Berufung auf die Mindestsätze der HOAI neu abrechnen.
Denn für alle Planerverträge, die bis einschließlich 31.12.2020 abgeschlossen werden, gilt noch die alte Rechtslage.

Die HOAI 2021, die mit einer Ausnahme keine verbindlichen Mindestsätze mehr enthält, gilt für alle Planerverträge ab dem 01.01.2021.

Weiterführende Informationen zur  HOAI 2021:

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