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Die Abnahme bei Bau- & Werkverträgen

Die Bedeutung der Abnahme für Bauverträge und Werkverträge

Rechtsanwälte Liebert & Röth: Ihre Anwälte für Baurecht & Architektenrecht in Berlin & bundesweit

Obwohl die Abnahme bei der Abwicklung von Werkverträgen eine überragende Bedeutung hat und von Fachleuten gerne als Dreh- und Angelpunkt des Werkvertrages bezeichnet wird, ist die Bedeutung der Abnahme selbst bei vielen am Bau tätigen Personen und Unternehmen noch unbekannt.
Bevor diskutiert wird, welche Formen die Abnahme annehmen kann und welche Empfehlungen für eine rechtssichere Abnahme gegeben werden können, soll zunächst die rechtliche Bedeutung der Abnahme im Einzelnen dargestellt werden. 

Rechtliche Bedeutung der Abnahme

Die Abnahme ist bereits als Dreh- und Angelpunkt bei der Durchführung eines Bau- oder Werkvertrages bezeichnet worden. Im Wesentlichen sind mit der Abnahme die folgenden fünf rechtlichen Konsequenzen verbunden.

Fälligkeit des Werklohns

Mit der Abnahme wird der Werklohn gemäß § 641 BGB fällig. Sofern die Parteien vertraglich nichts anderes vereinbart haben (Abschlagszahlung), hat der Auftragnehmer (Unternehmer) erst mit der Abnahme Anspruch auf sein Geld (Werklohn). Nach der Grundstruktur des Werkvertrages ist der Auftragnehmer vorleistungspflichtig.
Bei Bauleistungen ist der Einkauf der notwendigen Materialien nicht zu unterschätzen. Zwar sah die VOB/B in § 16 Abs. 1 schon immer einen Anspruch des Auftragnehmers auf Abschlagszahlungen vor und der Gesetzgeber hat diesen Anspruch auf Abschlagszahlungen vor einigen Jahren in § 632 a BGB auch im BGB verankert. Dennoch bleibt es beim Grundprinzip der Vorleistung, das sich erst mit der Abnahme ändert.
Erst mit der Abnahme kann der Auftragnehmer seine Schlussrechnung stellen.

Verlust nicht vorbehaltener Ansprüche

Nimmt der Auftraggeber (Besteller) die Werkleistung vorbehaltlos ab, obwohl Mängel vorhanden und er Kenntnis von diesen Mängeln hatte, so verliert er gemäß § 640 Abs. 3 BGB die Gewährleistungsansprüche wegen dieser Mängel. Dass der Mangel erkennbar gewesen wäre oder dieser dem Besteller sogar hätte auffallen müssen reicht nicht aus. Erforderlich ist vielmehr die positive Kenntnis des Mangels. 

Hinsichtlich erkennbarer Mängel ist daher bei der Abnahme mindestens immer ein Vorbehalt zu erklären, wenn nicht sogar die Abnahme als Ganzes zu verweigern ist.
Grund für den Verlust der nicht vorbehaltenen Mängelansprüche ist, dass der Auftraggeber mit der Abnahme ja zu erkennen gibt, dass er die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß ansieht.

Er akzeptiert somit mit der Abnahme die Leistung, so wie sie ist. Gerade Laien verlieren an dieser Stelle häufig Rechte, die ihnen eigentlich zustehen würden.

Verlust nicht vorbehaltener Vertragsstrafen

Hier handelt es sich um eine Problematik, die häufig bei umfangreicheren Bauverträgen zum Tragen kommt.
Um eine zügige Durchführung der Baumaßnahmen zu gewährleisten und um sich gegen Schäden abzusichern, vereinbaren viele Auftraggeber in ihren Verträgen Vertragsstrafen für Bauzeitüberschreitungen.
Diese Vertragsstrafe kann aber später vom Auftraggeber nur noch dann verlangt werden, wenn er sich bei der Abnahme das Recht auf Geltendmachung dieser Ansprüche ausdrücklich vorbehält. Dies ergibt sich zum einen aus § 341 Abs. 3 BGB und zum anderen auch aus § 11 Abs. 4 VOB/B.
Dabei bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung des Vorbehaltes bei der Abnahme. Eine Erklärung vor oder nach der Abnahme reicht grundsätzlich nicht aus, es sei denn der Anspruch auf Vertragsstrafe ist vom Auftragnehmer bereits anerkannt worden.
Allerdings erleichtert der Bundesgerichtshof (BGH) den Auftraggebern die Situation dadurch, dass er eine formularmäßige Geltendmachung von etwaigen Vertragsstrafen zulässt (BGH 2009, Az. VIII ZR 332/07). Es reicht somit eine pauschale Geltendmachung in einem vorformulierten Abnahmeprotokoll.

Risiko des zufälligen Untergangs geht über

Erst mit der Abnahme geht die sogenannte Leistungsgefahr vom Auftragnehmer auf den Auftraggeber über. Bis zu diesem Zeitpunkt trägt der Auftragnehmer die volle Verantwortung für die Werk- oder Bauleistung.

Mithin muss der Auftragnehmer bis zum Zeitpunkt der Abnahme das bereits von ihm (teil-)errichtete Werk im Fall eines Untergangs, Diebstahls oder einer Beschädigung neu errichten. Neben der Leistungsgefahr geht zudem die Preisgefahr erst mit der Abnahme auf den Auftraggeber über (§ 644 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Beispiel:
Der Auftragnehmer errichtet für den öffentlichen Nahverkehr ein großzügiges Wartehäuschen aus Glas und Stahl und zeigt anschließend der Stadt die Fertigstellung an. Ein Termin für eine förmliche Abnahme ist bereits vereinbart. Kurz vor der Durchführung der Abnahme wird aber das Wartehäuschen durch randalierende Jugendliche komplett zerstört. Weil noch keine Abnahme durchgeführt worden ist, kann der Auftragnehmer noch keinen Werklohn verlangen. Stattdessen ist er vertraglich verpflichtet, nochmals auf eigene Kosten ein vollständig neues Wartehäuschen zu errichten.

Beginn der Verjährungsfristen für Mängelansprüche

Tag genau mit der Abnahme beginnt die Verjährungsfrist für die Ansprüche auf Nacherfüllung, Aufwendungsersatz bei Selbstvornahme, Kostenvorschuss, Schadensersatz, sowie Ersatz für vergebliche Aufwendungen, zu laufen. Dabei ist die Gewährleistungsfrist bei Werkverträgen grundsätzlich zwei Jahre. In einigen wenigen Ausnahmefällen ist die Gewährleistungsfrist auf ein halbes Jahr reduziert. Bei Arbeiten an einem Bauwerk (dies sind praktisch fast alle Bau- und Handwerksleistungen) ist die Verjährungsfrist für Mängelansprüche dagegen gem. § 634 a Abs. 2 Nr. 2 BGB fünf Jahre. Bei einem VOB/B Vertrag beträgt die Frist meist vier Jahre nach § 13 Abs. 4 VOB/B.

Gleichzeitig kann der Auftragnehmer beim BGB Vertrag grundsätzlich erst nach Abnahme der Leistungen Mängelgewährleistungsrechte geltend machen. Dies hat der BGH mit seiner wichtigen Entscheidung vom 19.01.2017 (BGH VII ZR 301/13) festgestellt.

In VOB/B Verträgen ist dies wegen § Abs. 4 S. 7 VOB/B anders. Nach dieser Norm kann der Auftraggeber ausdrücklich schon vor der Abnahme die Mängelgewährleistungsrechte einfordern.

Umkehr der Beweislast

Mit der Abnahme geht die Beweislast im Hinblick auf das Vorliegen von Mängeln vom Auftragnehmer auf den Auftraggeber über. Bis zur Abnahme muss der Auftragnehmer die Mangelfreiheit seines Werkes beweisen, nach der Abnahme dagegen der Auftraggeber das Vorhandensein von Mängeln!

In der täglichen forensischen Tätigkeit ist dies möglicherweise die relevanteste Konsequenz der Abnahme. Denn gelingt der Beweis nicht oder ist etwa nicht nachweisbar, welches von mehreren Gewerken den Mangel verursacht hat, so ergeht eine Gerichtsentscheidung zu Lasten des Beweispflichtigen.

Darüber hinaus ist auch bedeutsam, dass sich die Vorleistungspflicht für den Vorschuss für den Sachverständigen ebenfalls nach der Beweislast richtet. Der Beweispflichtige ist verpflichtet, den vom Gericht eingeforderten Vorschuss für den Sachverständigen an die Gerichtskasse zu zahlen, unabhängig davon, wie die Erfolgsaussichten eines Verfahrens sind. Diese Vorschusszahlungen können ganz erheblich sein und verhindern manchmal auf Grund ihrer Höhe die Durchsetzung eigentlich berechtigter Ansprüche. Der Anspruchsinhaber kann sich manchmal schlicht das Verfahren nicht leisten.

 

Was ist eine Abnahme?

Eine gesetzliche Definition der Abnahme existiert nicht. Stattdessen setzt sowohl das Gesetz in § 640 BGB als auch die Vertragsordnung in Bauleistungen Teil B in § 12 VOB/B den Begriff der Abnahme voraus.In  einer berühmten Entscheidung hat der BGH folgende, heute noch gebräuchliche Definition gefunden (BGHZ 48 257, 62):

„Die Abnahme ist die körperliche Hinnahme des Werkes, verbunden mit der Anerkennung des Werkes als in der Hauptsache vertragsgemäß“

Die Abnahme der Werkleistung im BGB und in der VOB/B dient dazu die Frage zu klären, ob das Werk der vertraglichen Vereinbarung entspricht. Die Abnahme soll dem Auftraggeber die Möglichkeit eröffnen, die Werkleistung daraufhin zu überprüfen, ob sie vertragsgerecht erbracht worden ist.

Mit der Abnahme wird das Erfüllungsstadium des Vertragsverhältnisses beendet und dessen Abwicklungsstadium eingeleitet. Zugleich endet mit ihr die Phase der Bauausführung, es beginnt die Gewährleistungsphase. Weshalb die Abnahme überhaupt notwendig ist, soll folgendes verdeutlichen.

Beispiel:
Beim Kauf einer Sache existiert die Kaufsache bereits und kann vom Käufer begutachtet werden. Wer etwa Äpfel auf dem Markt kauft, kann jede einzelne Frucht vor dem Kauf genau kontrollieren. Ähnlich ist es bei dem Kauf eines gebrauchten Pkw. Bei dem Neuwagen lässt sich zumindest das Modell testen und der Verkäufer verspricht, dass der gelieferte Pkw dem Testwagen entspricht.

Dagegen ist bei einem Werkvertrag die Sache völlig anders. Egal, ob ein Architekt eine tolle Planung verspricht, der Bauunternehmer ein wunderschönes Haus oder der Dachdecker ein dichtes Dach, das versprochene Werk existiert zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht. Es ist letztlich ein abstraktes Versprechen, das bisher nur in den Köpfen der Vertragsparteien vorhanden ist.

Deshalb muss der Auftraggeber zu einem Zeitpunkt die Möglichkeit haben, die versprochene Leistung zu kontrollieren und anschließend zu erklären, dass sie im Wesentlichen der Vertragsvereinbarung entspricht. Im Wesentlichen deshalb, weil die Abnahme wegen unwesentlicher Mängel gem. § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht verweigert werden darf. Die Beseitigung der unwesentlichen Mängel muss sich der Auftraggeber aber bei der Abnahme, wie bereits oben geschrieben worden ist, vorbehalten.

 

Arten der Abnahme

Die Grundformen der Abnahme sind in § 640 BGB genannt. Wichtig sind aber auch noch die Regelungen des § 12 VOB/B.

Abnahme nach BGB

Das BGB kennt zunächst die ausdrückliche Abnahme, eine empfangsbedürftige Erklärung des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer. Am einfachsten wird diese also schriftlich oder mündlich ausdrücklich gegenüber dem Auftragnehmer erklärt.
Möglich und in der Praxis sehr bedeutsam ist aber auch die schlüssige (konkludente) Abnahme, bei der vom nach außen getretenen Verhalten des Auftraggebers auf dessen Willen geschlossen wird, die Abnahme erklären zu wollen.
Mit anderen Worten, der Auftraggeber muss durch sein Verhalten zum Ausdruck bringen, dass er die Werkleistung als im Wesentlichen vertragsgerecht ansieht. In der Rechtsprechung gibt es hierzu eine umfangreiche Kasuistik. In folgenden Fällen nimmt die Rechtsprechung aber sehr schnell eine konkludente Abnahme an:

  • Bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme einer Werkleistung
  • Bezug eines neuen Hauses / einer neuen Wohnung
  • Vorbehaltlose Zahlung des restlichen Werklohns

In der konkludenten Abnahme liegt für den Auftraggeber eine große Gefahr. Zahlt er ohne weiter auf eine Abnahme zu drängen, oder sich Mängelbeseitigung zu diesem Zeitpunkt vorzubehalten kommentarlos den Werklohn, so geht die Rechtsprechung in aller Regel von einer wirksamen Abnahme aus.
Auch der Bezug eines Hauses wird schnell als Abnahme gesehen, sofern nicht ausdrücklich auf einer Abnahme bestanden wird oder bereits zu diesem Zeitpunkt Mängel geltend gemacht werden.

Bisher sah § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB eine fiktive Abnahme vor, wenn der Auftraggeber die Bauleistung nicht innerhalb einer ihm vom Auftragnehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet wäre.
Mit der großen Baurechtsreform gibt es ab dem 01.01.2018 diese fiktive Abnahme so nicht mehr. Seit neuestem setzt § 640 Abs. 2 BGB dagegen voraus, dass ein Werk dann als abgenommen gilt, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werkes eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat (mehr zu den umfassenden Neuregelungen im BGB durch die große Baurechtsreform lesen Sie in unserem Artikel Baurechtsreform 2018).

Abnahme nach § 12 VOB/B

Die VOB/B geht zunächst von denselben Grundlagen wie das BGB aus. Es wird unterschieden zwischen einer ausdrücklichen Abnahme und der Möglichkeit einer schlüssigen (konkludenten) Abnahme.

Als Besonderheit können im Geltungsbereich der VOB/B nach § 12 Abs. 4 VOB/B beide Vertragspartner eine förmliche Abnahme verlangen. Zweck der förmlichen Abnahme ist die gemeinsame Überprüfung der Werkleistungen, die Beweissicherung und die Klärung von Meinungsverschiedenheiten in einrem Protokoll. In diesem Protokoll können sowohl die übereinstimmend erkannten Mängel und Vertragsstrafen, wie auch streitige Fragen schriftlich niedergelegt werden. Vorbehalte sind in diesem Zusammenhang nur wirksam, wenn sie ins Protokoll aufgenommen wurden. Darüber hinaus haben beide Vertragspartner das Recht auf eigene Kosten einen Sachverständigen hinzuzuziehen.
Nach § 12 Abs. 4 Nr. 2 VOB/B kann im Übrigen die förmliche Abnahme auch in Abwesenheit des Auftragnehmers stattfinden, wenn der Termin hierzu vereinbart worden war oder der Auftraggeber mit genügender Frist dazu eingeladen hatte.

Zudem sieht § 12 Abs. 2 VOB/B das Recht beider Parteien auf Teilabnahmen vor. Diese bezieht sich allerdings nur auf in sich abgeschlossene Teile der Leistung. Ob ein in sich abgeschlossener Teil der Leistung vorliegt, ist häufig streitig. Die Rechtsprechung versucht in sich abgeschlossene Leistungen wie folgt zu definieren:

„Eine in sich abgeschlossene Leistung liegt vor, wenn sie nach allgmeiner Übung als selbständig und unabhängig anzusehen ist und sich in ihrer Gebrauchsfähigkeit teilen lassen.“

Beispiel:
Eine Heizungsanlage gilt als abgeschlossener Teil eines Bauwerks, ein Stockwerk innerhalb eines höheren Gebäudes dagegen aber nicht. Für die Heizungsanlage besteht somit ein Anspruch auf eine Teilabnahme, der Bauunternehmer kann sich dagegen nicht jedes Stockwerk einzeln abnehmen lassen.

Im Gegensatz zum BGB kennt die VOB/B drei verschiedene Arten der fiktiven Abnahme.

Zunächst ist in § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B vorgesehen, dass eine Werkleistung 12 Werktage nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung als abgenommen gilt, sofern der Auftraggeber keine ausdrückliche Abnahme verlangt.
Die Schriftform ist allerdings Wirksamkeitsvoraussetzung für den Beginn der Frist und für den Eintritt der Abnahmewirkung ab Ablauf der Frist. Etwaige Vorbehalte der Mängel oder Vertragsstrafenansprüche müssen innerhalb von 12 Werktagen erklärt werden.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat durch eine Entscheidung aus dem Jahr 1989 die Situation noch dadurch verschärft, dass er angenommen hat, dass in der kommentarlosen Übersendung einer Schlussrechnung auch eine Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung (Fertigstellungsanzeige) liegen kann (BGH Baurecht 1989, 603).

Der Auftraggeber hat daher bei erhaltener Fertigstellungsanzeige oder auch einer Schlussrechnung tunlichst darauf zu drängen, dass innerhalb von zwei Wochen (12 Werktage!) zumindest ein Termin für eine Abnahme vereinbart oder diese gleich durchgeführt wird.

Durch Benutzung tritt die Abnahmefiktion sogar nach § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B innerhalb von einer Woche (6 Werktage) ein, wenn der Auftraggeber die Leistung oder einen in sich abgeschlossenen Teil der Leistung in Benutzung genommen hat und nichts anderes vereinbart wurde bzw. der Auftraggeber keine Abnahme verlangt. Allerdings gilt die reine Weiterführung der Abnahme nach § 12 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 VOB/B noch nicht als Abnahme.

 

Empfehlung für den Auftraggeber

Auf Grund der Tatsache, dass sich mit der Abnahme die rechtliche Position der beiden Vertragsparteien dramatisch ändert, ist jedem Auftraggeber unbedingt zu raten, soweit wie möglich immer aktiv eine Abnahme durchzuführen. Dies verlangt stets eine kritische Kontrolle der Arbeiten des Auftragnehmers und immer die ausdrückliche Geltendmachung (Vorbehalt) etwaig noch zu beseitigender Mängel oder zu erbringender Leistungen.

Tunlichst sollte immer die Abnahme schriftlich dokumentiert werden und idealerweise sollte man sich das Protokoll auch von dem Auftragnehmer gegenzeichnen lassen.

In dem Protokoll ist der Termin der Abnahme und der erkennbaren Mängel schriftlich festzuhalten. Bei erheblichen Mängeln muss die Abnahme ausdrücklich und schriftlich verweigert werden. Etwaige Vertragsstrafen sollte man formularmäßig im Protokoll bereits vorbehalten.

Bei größeren Baumaßnahmen oder bei Bauträgergeschäften sollte unbedingt ein Sachverständiger als Fachmann hinzugezogen werden, um nicht Rechtspositionen zu verlieren.

Zu beachten ist auch noch, dass nach dem Grundmodell des § 2 Abs. 2 VOB/B eine Vergütung nach Einheitspreisen als vereinbart gilt, wenn keine andere Rechnungsart ausdrücklich vereinbart ist. Bei Einheitspreisen ist aber die entscheidende Grundlage für die Schlussrechnung zum einen der vertraglich vereinbarte Einheitspreis der erfassten Leistungen oder Teilleistungen, zum anderen die Mengen und Massen, die vom Auftragnehmer tatsächlich erbracht worden sind. Die Bezahlung erfolgt letztendlich damit nicht nachdem dem Vertragsschluss zu Grunde liegenden Angebot, sondern nach den tatsächlich ausgeführten Leistungen.

Die Kontrolle der Schlussrechnung des Auftragnehmers setzt somit eine entsprechende Berechnung der tatsächlich erbrachten Leistungen (Aufmaß) voraus. Idealerweise wird ein gemeinsames Aufmaß bei der Abnahme durch die Vertragsparteien durchgeführt.

 

Abnahme beim Architektenvertrag

Der Architektenvertrag ist im Grundsatz ein Werkvertrag nach § 631 BGB. Im Grunde wäre daher auch die Leistung des Architekten immer schon abnahmepflichtig gewesen. Dieser Gedanke ist allerdings in den letzten Jahrzehnten stark in den Hintergrund getreten.

Erst mit der Neufassung der HOAI 2013 wurde ausdrücklich in § 15 Abs. 1 HOAI aufgenommen, dass der Honoraranspruch des Architekten die Abnahme seiner Leistung voraussetzt!
Der der BGH hat mit Urteil vom 26.09.2013 (BGH VII ZR 220/12) eine wichtige Entscheidung zur Abnahme von Architektenverträgen, insbesondere zur konkludenten Abnahme von Architektenverträgen getroffen.

Zwar hat der Architekt ausdrücklich Anspruch auf Abschlagszahlungen (§ 15 Abs. 2 HOAI) aber die Abnahme ist aus einem anderen Grunde für Architekten sehr wichtig. Erst mit der Abnahme der eigenen Architektenleistung beginnt für den Architekten die Gewährleistungsfrist zu laufen.

War ein Architekt mit der Vollarchitektur beauftragt (Leistungsphase 1 bis 9 nach § 34 HOAI), dann endet seine Beauftragung erst mit Ablauf der Gewährleistungsfrist der letzten Gewerke am Bau (5 Jahre Gewährleistungsfrist). Erst dann kann der Architekt selbst die Abnahme seiner Architektenleistung verlangen und erst ab diesem Zeitpunkt läuft für ihn die Gewährleistungsfrist in Höhe von 5 Jahren.

Die Haftung der Architekten wurde als überdehnt angesehen, deshalb hat der Gesetzgeber in der großen Baurechtsreform 2018 die Haftungssituation zu Gunsten der Architekten zu entschärfen versucht. Nach § 650 s BGB kann der Architekt nach Abnahme der letzten Leistung der bauausführenden Unternehmen eine Teilabnahme der von ihm bis dahin erbrachten Leistungen vom Auftraggeber verlangen.
Mit anderen Worten, mit Abschluss der Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) kann der Architekt seine Auftraggeber zur Abnahme der bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten Leistungen auffordern.

Tut er dies und wird die Abnahme erklärt, dann laufen die Gewährleistungsfristen für die bauausführenden Firmen und den Architekten im Wesentlichen synchron. Die in der Praxis häufig anzutreffende faktische zehnjährige Verjährungsfrist für Architekten würde sich damit um die Hälfte reduzieren. (mehr zu der Baurechtsreform und ihre Auswirkung auf das Architektenrecht lesen Sie in unserem Beitrag Baurechtsreform 2018).

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