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Die große BRAO-Reform tritt ab 1. August 2022 in Kraft

Worum geht es dabei?

Die größte BRAO-Reform seit 1994 tritt am 1. August 2022 in Kraft. Mit diesem Artikel soll schlagwortartig auf die Themen, die in der BRAO-Reform behandelt und geändert wurden, hingewiesen werden. Detailaufsätze hierzu werden im Berliner Anwaltsblatt im nächsten Jahres erscheinen.

Der Gesetzgeber hat kurz vor Ablauf dieser Legislaturperiode in einem Großvorhaben versucht, die Bundesrechtsanwaltsordnung, das Steuerberatergesetz und die Patentanwaltsordnung zu reformieren, um ein Gesamtsystem entstehen zu lassen. Zugleich hat er auch das Gesetz zum Legal-Tech-Inkasso umfassend geändert und unter anderem Anwälten Erfolgshonorare erlaubt, damit sie mit Legal-Tech-Inkasso-Dienstleistern konkurrieren können. Worum geht es nun in der großen BRAO-Reform schwerpunktmäßig?

1. Wesentliche Änderungen im anwaltlichen Gesellschaftsrecht

Es sind jetzt alle Rechtsformen in Deutschland, der EU und aus anderen Staaten der EU und des EWR für eine Anwaltsgesellschaft in Deutschland möglich. So kann es jetzt z. B. auch die Rechtsform der GmbH & Co. KG geben. Alle Berufsausübungsgesellschaften sind nunmehr berufsrechtlich zulassungspflichtig und werden somit von der jeweiligen Rechtsanwaltskammer kontrolliert.

Die Berufsausübungsgesellschaften werden auch in das elektronische Anwaltsverzeichnis aufgenommen und es wird ein beA-Gesellschaftskanzlei-Postfach geben. Ebenso können andere Freiberufler Gesellschafter einer Anwaltsberufsausübungsgesellschaft werden. Die BRAO-Reform erstreckt diese Möglichkeit auf alle freien Berufe, sodass neben den bisher möglichen Patentanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Buchprüfern nunmehr auch die Gesundheitsberufe (Ärzte, Apotheker), Architekten, Ingenieure sowie Unternehmensberater und hauptberufliche Sachverständige Gesellschafter werden können. Gefordert war vom DAV, dass alle Berufe sozietätsfähig und vereinbar sein sollen, die ein Anwalt auch im Zweitberuf ausüben darf. Soweit wollte der Gesetzgeber nicht gehen und hat dies nur auf andere freie Berufe erstreckt.

Zuletzt gibt es eine Liberalisierung und ausdrückliche Regelung der Bürogemeinschaft. Gemeint sind damit alle Gesellschaften, die gemeinschaftliche Berufsausübung organisieren, jedoch selbst nicht Anwaltsverträge abschließen. Für diesen Fall besteht keine Pflicht zur Prüfung von Interessenskollisionen mehr. Da keine Mandate gemeinsam bearbeitet werden, müssen Interessenskollisionen und sensibles Wissen nicht durch Tätigkeitsverbote geschützt werden. Mitglieder einer Bürogemeinschaft können neben allen anderen freien Berufen hier auch all jene Berufe sein, die ein Anwalt als Zweitberuf (s. § 7 Nr. 8 BRAO) ausüben darf und die nicht das Vertrauen in die anwaltliche Unabhängigkeit gefährden. Dies gilt jedoch nicht für Anwaltsnotare, hier wurde keine Veränderung zur bisherigen Rechtslage vorgenommen.

2. Neue Regelung der Interessenskollision

In der BRAO-Reform wurde nunmehr umfassend in § 43a Abs. 4–6 BRAO (neu) die Interessenskollision geregelt. § 3 BORA ist damit ab 1. August 2022 hinfällig. Es hat sich nicht grundlegend etwas geändert, außer der Nichterstreckung auf Bürogemeinschaftler (s. o.). Einige bisherige Zweifelsfälle sind geklärt worden. Dazu alles Weitere in einem Artikel im nächsten Jahr.

3. Verhandlungen vor dem Anwaltsgericht

Verhandlungen vor dem Anwaltsgericht werden nunmehr öffentlich, die bisherige Sonderbestimmung § 135 BRAO fällt weg.

4. Fortbildungspflicht

§ 43f BRAO n. F. bestimmt, dass ab 1. August 2022 Anwälte nur noch zugelassen werden, wenn sie entweder innerhalb eines Jahres nach Zulassung nachweisen, an einer Lehrveranstaltung über mindestens zehn Zeitstunden über das anwaltliche Berufsrecht teilgenommen zu haben, oder diesen Nachweis bereits in den sieben Jahren vor Zulassung erbracht haben und vorlegen.

Keine Angst: Dies gilt nicht für bereits zugelassene Kollegen!

Nähere Vorgaben sollen durch die Satzungsversammlung erfolgen. Die Gesetzesmaterialien deuten darauf hin, dass es sich dabei um die Themen Organisation des Berufes, die Grundpflichten des Rechtsanwalts (Unabhängigkeit, Verschwiegenheit, Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen, Pflichten beim Umgang mit anvertrauten Vermögenswerten, Fortbildung) Aufklärungs- und Informationspflichten (u. a. zur Vergütung) gegenüber der Mandantschaft, Berufsaufsicht und berufsrechtliche Sanktionen sowie Grundzüge des anwaltlichen Haftungsrechts handeln soll (siehe Kilian, in: Anwaltsblatt 2021, Artikel vom 9.7.2021 mit dem Titel „Berufsrechtskenntnisse als Berufspflicht“).

Daneben befasst sich die Reform mit vielen anderen weiteren Details, die jedoch keine unmittelbare Auswirkung auf die anwaltliche Praxis haben. Genaueres ab Mitte 2022 an dieser Stelle.

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Mehr zum Autor Rechtsanwalt Thomas Röth finden Sie unter RA Thomas Röth.

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