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Corona-Gesetz und notarielle Tätigkeit
Notariat in Berlin Schöneberg, unweit Nollendofplatz
Rechtsanwältin und Notarin Anne Herzog-Hosemann zu den Auswirkungen des sogenannten Corona-Gesetzes auf die notarielle Tätigkeit.
Die Berliner Notarkammer hat am 26. März 2020 wie folgt Informiert:
Der Deutsche Bundestag hat am vergangenen Mittwoch, dem 25. März 2020, als erste umfassende gesetzgeberische Reaktion auf die Corona-Pandemie ein größeres Gesetzespaket im vereinfachten Verfahren beschlossen. Die Bundesnotarkammer hat den Inhalt wie folgt zusammengefasst:
"Neben Änderungen im Gesundheitswesen und im sozialen Bereich wurden auch Maßnahmen in notarrelevanten Rechtsgebieten beschlossen. Herauszuheben sind dabei das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (BT-Drs.19/18129 und 19/18110) sowie das Gesetz zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds (Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz - WStFG) (BT-Drs. 19/18133 und 19/18109). Die Gesetzentwürfe müssen nun noch den Bundesrat passieren, was für diesen Freitag, den 27. März 2020, vorgesehen ist."
In den beiden Gesetzen sind folgende aus Notarsicht relevanten neuen Regelungen enthalten, über die wir Ihnen gerne einen ersten Überblick geben möchten:
Gem. Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht wird die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO und nach § 42 Abs. 2 BGB bis zum 30. September 2020 ausgesetzt, sofern die Insolvenzreife auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus beruht und Aussichten auf die Beseitigung einer bestehenden Zahlungsunfähigkeit bestehen.
Art. 2 § 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht ermöglicht es Aktiengesellschaften, auch ohne entsprechende Satzungsermächtigung eine elektronische Teilnahme an Hauptversammlungen für Aktionäre und Aufsichtsratsmitglieder (§ 118 Abs. 1 S. 2 und § 118 Abs. 3 S. 2 AktG) sowie die elektronische Bild- und Tonübertragung (§ 118 Abs. 4 AktG) zuzulassen. Der Vorstand kann darüber hinaus die physische Präsenz der Aktionäre und ihrer Bevollmächtigten ausschließen und damit eine vollständig virtuelle Hauptversammlung anordnen. Daneben erhält der Entwurf einige Erleichterungen bei den Einberufungs- und Nachweisfristen. An der Beteiligung des Notars ändert sich nichts, er soll ausweislich der Begründung weiterhin physisch am Ort des Versammlungsleiters zugegen sein. Auch muss das elektronische System sicherstellen, dass dem Notar etwaige Widersprüche zu Protokoll mitgeteilt werden.
Art. 2 § 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht erlaubt es GmbHs, abweichend von § 48 Abs. 2 GmbHG auch ohne entsprechende Öffnungsklausel in der Satzung schriftliche Umlaufbeschlüsse abzuhalten. Dies gilt jedoch nur für Beschlüsse, die nicht der Beurkundungspflicht unterliegen.
Art. 2 § 4 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht erlaubt es, Umwandlungen abweichend von § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG auf eine bis zu 12 Monate zurückliegende Bilanz zu stützen.
Gem. Art. 2 § 6 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht bleibt der zuletzt bestellte Verwalter einer WEG bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt und der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan gilt bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort.
Gem. § 7c des Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes (WStBG) genügt es für die Wirksamkeit von Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhung gegen Einlagen und Kapitalherabsetzung, Bedingtes Kapital, Genehmigtes Kapital) zur Rekapitalisierung von Aktiengesellschaften durch den Stabilisierungsfonds des Bundes oder eines Landes, den Beschluss und die Durchführung der jeweiligen Maßnahme zum Handelsregister anzumelden und den angemeldeten Beschluss bzw. die Durchführung der Maßnahme auf der Internetseite der Gesellschaft zu veröffentlichen. Eine Eintragung im Handelsregister ist für die Wirksamkeit ausdrücklich nicht erforderlich. Voraussetzung der Wirksamkeit ist allerdings, dass zuvor eine Handelsregisteranmeldung stattgefunden hat. In der Praxis wird der Notar dem Unternehmen den Eingang der Handelsregisteranmeldung beim Registergericht bestätigen müssen, bevor durch die Veröffentlichung auf der Internetseite die Wirksamkeit der Maßnahme bewirkt wird.
Gem. § 9a WStBG können Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhung gegen Einlagen und Kapitalherabsetzung, Genehmigtes Kapital) zur Rekapitalisierung von GmbHs durch den Stabilisierungsfonds des Bundes mit einfacher Mehrheit der anwesenden Stimmen getroffen werden. Gleiches gilt für den Ausschluss des Bezugsrechts. Für die Wirksamkeit der Maßnahmen gelten die vorstehend für Aktiengesellschaften genannten Erleichterungen entsprechend. Nach unserer Lesart bedürfen die Kapitalerhöhungsbeschlüsse weiterhin gem. § 53 Abs. 2 GmbHG der notariellen Beurkundung. Auch muss weiterhin eine Handelsregisteranmeldung erfolgen, wobei es für die Wirksamkeit (zumindest des Beschlusses) aufgrund des Verweises auf § 7c WStBG wiederum nicht auf die Eintragung im Handelsregister ankommt."
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