Der Verfasser hat am 17.11.2021 zu diesem Thema vor dem Arbeitskreis Strafrecht referiert, um Kollegen praktisch Wichtiges und Neues für einen Umgang mit beiden Rechtsinstituten zu vermitteln.
Zunächst gab es einen Überblick über die Verletztenrechte in der Bundesrepublik Deutschland.
Seit 1.7.2021 ist der Begriff des Verletzten auch legal definiert.
Hier die Norm des § 373b StPO:
(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind Verletzte diejenigen, die durch die Tat, ihre Begehung unterstellt oder rechtskräftig festgestellt,
in ihren Rechtsgütern unmittelbar beeinträchtigt worden sind oder unmittelbar einen Schaden erlitten haben.
(2) Verletzten im Sinne des Absatzes 1 gleichgestellt sind
1. der Ehegatte oder der Lebenspartner,
2. der in einem gemeinsamen Haushalt lebende Lebensgefährte,
3. die Verwandten in gerader Linie,
4. die Geschwister und
5. einer Person, deren Tod eine direkte Folge der Tat, ihre Begehung unterstellt oder rechtskräftig festgestellt, gewesen ist.
Im Folgenden führte er dann zunächst zu der Praxis der Nebenklage und den Anschlussmöglichkeiten, dem Verfahren und etwaigen Problemen bei Einstellung und Strafbefehl sowie Rechtsmitteln und den Kosten aus. Ein Schwerpunkt lag dabei auf den Möglichkeiten der Beiordnung als Nebenklägervertreterin.
Ebenso wurde auf die Gebühren als (beigeordneter) Nebenklägervertreter und die Geltendmachung gegenüber Verurteilten (und sei es nur die Differenz zwischen Wahlnebenklägergebühren und Beigeordnetennebenklägervertretergebühren) hingewiesen.
Am Ende wurde dazu und zu den Zielen der Nebenklage diskutiert. Hingewiesen wurde bei Konstellationen Aussage gegen Aussage auch auf die Möglichkeit der Akteneinsicht nur an den Nebenklägervertreter, aber nicht an den Nebenkläger (siehe § 19 Abs. 2 BORA).
Der größere Teil der Veranstaltung befasste sich mit dem Adhäsionsverfahren und auch hier dem pragmatischen Umgang für die Praxis sowie dem dazu notwendigen Wissen. Zunächst war den beiden Richtern in Moabit, Herrn Herbst und Herrn Plüür zu danken, die sich seit Jahren um das Adhäsionsverfahren kümmern und dazu ein immer wieder aktualisiertes Skript zur Verfügung stellen.
Das Adhäsionsverfahren bietet die Möglichkeit kostengünstiger, eventuell schneller, mit Amtsermittlungsgrundsatz und ohne nachteilige Folgen (bis auf etwaige Kosten) beim Absehen von einer Adhäsionsentscheidung Schadenersatz und insbesondere Schmerzensgeld für den Verletzten geltend zu machen. Es wurde über die Zuständigkeit, die Verfahrensgrundsätze, die Wirkung des Adhäsionsantrages, das Prüfungsschema für die Erfolgsaussichten, die Schlüssigkeit des Antrages, die Geeignetheit im Strafverfahren, die Unmöglichkeit des Absehens von einer Adhäsionsentscheidung bei Schmerzensgeld, die praktischen Folgen bei Absehen und bei Zuspruch sowie die Kosten darüber referiert.
Es wurden Beispielanträge besprochen, auf Formalien (wie muss ich wann formgerecht den Antrag stellen, damit er rechtswirksam zugestellt ist und auf PKH eingegangen sowie auf die Verjährung, auf die Zinsanträge sowie auf die Vollstreckung, die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren ebenso wie auf die Geltendmachung der Gebühren gegen verurteilte Personen.
Neu ist, dass der BGH in einer Entscheidung (Beschluss vom 27.7.2021, Az: BGH 6 StR 307/21) davon ausgeht, dass die Beiordnung als Pflichtverteidiger eine Adhäsionsbeklagtenvertretung umfasst, also nicht mehr eigens beizuordnen ist.
Dies wurde in vielen Teilen Deutschlands anders gehandhabt. Jetzt ist der Pflichtverteidiger „automatisch“ Adhäsionsbeklagtenvertreter, dies gilt auch für mehrere Pflichtverteidiger, wenn sie insoweit Tätigkeiten entfalten. Es entfällt damit auch das PKH-Verfahren mit der Erfolgsprüfung. Es kann dann (nach den Nr. 4143 und 4144 VV RVG und eventuell nach 1000ff VV RVG i. V. m. den PKH-Tabellen) abgerechnet werden.
Das Skript zum Vortrag kann hier GRATIS als pdf herunter geladen werden.
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