Die Hausordnung in der Eigentümergemeinschaft - Rechte, Pflichten und Durchsetzung
Liebert & Röth Rechtsanwälte, wir machen Baurecht und WEG-Recht in Berlin & bundesweit
Einleitung Hausordnung
Wer eine Eigentumswohnung erwirbt, wird Teil einer Gemeinschaft.
Damit dieses Zusammenleben harmonisch funktioniert, bedarf es klarer Regeln. Die Hausordnung ist dabei ein zentrales Instrument, das den Alltag in der Wohnungseigentümergemeinschaft strukturiert und potenzielle Konflikte von vornherein vermeidet. Sie regelt die praktischen Fragen des täglichen Miteinanders – von Ruhezeiten über die Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen bis hin zur Müllentsorgung.
Doch viele Eigentümer sind unsicher:
Ist eine Hausordnung Pflicht? Wer erstellt sie und was darf sie regeln? Welche Folgen hat ein Verstoß? Dieser Artikel gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über alle wichtigen Aspekte der Hausordnung in der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Rechtliche Grundlagen der Hausordnung
Die rechtliche Basis für die Hausordnung findet sich unmittelbar im Wohnungseigentumsgesetz. Nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 WEG gehört die Aufstellung einer Hausordnung zu den Regelbeispielen einer ordnungsmäßigen Verwaltung.
Dies bedeutet zweierlei: Zum einen ist eine Hausordnung nicht zwingend erforderlich, zum anderen hat aber jeder Wohnungseigentümer gemäß § 18 Abs. 2 WEG einen Anspruch auf die Aufstellung einer solchen Regelung, wenn keine existiert.
Die Hausordnung verfolgt einen klaren Zweck. Sie soll das Zusammenleben der Miteigentümer möglichst störungsfrei gestalten und hat somit eine ordnende Funktion für das gesamte Gemeinschaftsleben. Dabei räumt das Gesetz den Wohnungseigentümern einen weiten Gestaltungsspielraum ein – sie können selbst bestimmen, welche Regeln sie für ihr Zusammenleben als notwendig und ausreichend erachten.
Wichtig ist die Abgrenzung zur Gemeinschaftsordnung:
Während die Gemeinschaftsordnung die grundlegenden Rechte und Pflichten der Eigentümer untereinander regelt und nur durch notariell beglaubigte Vereinbarung aller Eigentümer geändert werden kann, befasst sich die Hausordnung mit den alltäglichen Fragen des Zusammenlebens und kann deutlich flexibler angepasst werden.
Anspruch auf Aufstellung einer Hausordnung
Fehlt eine Hausordnung, kann jeder Wohnungseigentümer deren Aufstellung basierend auf seinem Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung durchsetzen. Im Streitfall kann gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 WEG sogar das Wohnungseigentumsgericht angerufen werden, das dann eine Hausordnung selbst erlässt oder eine bestehende ergänzt.
Die praktische Bedeutung für die Gemeinschaft liegt auf der Hand:
Eine Hausordnung schafft Rechtssicherheit und verhindert, dass bei jedem Streitfall über angemessenes Verhalten neu diskutiert werden muss. Sie gibt allen Bewohnern einen verbindlichen Rahmen vor und erleichtert es dem Verwalter, seine Aufgaben wahrzunehmen.
Wege zur Erstellung der Hausordnung
Die Erstellung einer Hausordnung kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Der häufigste und praktikabelste Weg ist die Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung.
Hier genügt ein einfacher Mehrheitsbeschluss, was die spätere Anpassung an veränderte Bedürfnisse erleichtert. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 16. Dezember 2022 (V ZR 263/21) klargestellt, dass die Durchführung solcher Beschlüsse seit der WEG-Reform bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer liegt.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Hausordnung bereits in die Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung aufzunehmen. Dies hat den Vorteil der Dauerhaftigkeit, erschwert jedoch spätere Änderungen, da diese dann nur mit Zustimmung aller Eigentümer im Rahmen einer Vereinbarung möglich sind.
Schließlich ist auch das Aufstellen einer neuen Hausordnung durch eine Vereinbarung unter allen Wohnungseigentümern denkbar, was jedoch in größeren Gemeinschaften selten praktikabel ist. Bei dieser Variante ist zu beachten, dass spätere Änderungen ebenfalls nur durch Vereinbarung aller Eigentümer möglich sind.
Typische und zulässige Inhalte der Hausordnung
Eine effektive Hausordnung sollte alle wesentlichen Bereiche des Zusammenlebens abdecken.
An erster Stelle stehen dabei Regelungen zu den Ruhezeiten:
Während die Nachtruhe von 22 bis 6 oder 7 Uhr weitgehend einheitlich ist, kann die Mittagsruhe zwischen 12 oder 13 bis 15 Uhr individuell festgelegt werden.
Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Urteilen (BGH V ZR 143/17; BGH V ZB 11/98) betont, dass völlige Musizierverbote unzulässig sind, während angemessene zeitliche Beschränkungen durchaus rechtens sein können.
Wichtig ist dabei das Prinzip der Zimmerlautstärke.
Während der Ruhezeiten sollten Geräusche außerhalb der geschlossenen Wohnung nicht mehr oder zumindest kaum noch wahrnehmbar sein. Als Richtwerte gelten tagsüber etwa 40 Dezibel und nachts 30 Dezibel, wobei das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 19. Oktober 1987 (LG Berlin 13 O 2/87) klarstellte, dass die Zimmerlautstärke außerhalb der Ruhezeiten nur dann überschritten werden darf, wenn die Art der Geräusche deren Einhaltung nicht zulässt. Geräusche, die über diese Zimmerlautstärke hinausgehen und außerhalb der Wohnung hörbar sind, stellen eine Ruhestörung dar und sind somit unzulässig.
Die Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen sollte ebenfalls klar geregelt sein.
Dazu gehören:
- Waschküchen mit Nutzungszeiten und Reinigungspflichten
- Fahrradkeller mit Regelungen zum Abstellen
- Müllplätze mit Vorschriften zur ordnungsgemäßen Trennung
- Gartenflächen mit Nutzungs- und Pflegebestimmungen
- Treppenhäuser unter Beachtung der Brandschutzvorschriften
Hinsichtlich der Ordnung und Sauberkeit kann die Hausordnung Reinigungspflichten regeln. Dabei ist zu beachten, dass turnusmäßige Reinigungspflichten wie die des Treppenhauses fair unter allen Eigentümern verteilt werden müssen. Einzelne Eigentümer dürfen nicht unverhältnismäßig belastet werden.
Auch der Winterdienst kann in der Hausordnung geregelt werden, wobei hier die gleichen Grundsätze gelten. Die Räum- und Streupflichten müssen gerecht verteilt sein und dürfen nicht nur einzelnen Eigentümern auferlegt werden.
Bei der Tierhaltung ist besondere Vorsicht geboten. Ein generelles Haustierverbot ist unzulässig, da es in den Kernbereich des Sondereigentums eingreift. Allerdings können durch Mehrheitsbeschluss die Haltung potenziell gefährlicher Tiere untersagt oder ein Leinenzwang beziehungsweise Maulkorbzwang für Hunde festgelegt werden.
Das Oberlandesgericht Hamm entschieden OLG Hamm, 22 U 265/87), dass Hunde während der Ruhezeiten im Freien das Bellen einstellen müssen.
Regelungen zum Grillen auf Balkonen und Terrassen sind ebenfalls möglich und sollten klarstellen, welche Grillarten zulässig sind und wann gegrillt werden darf. Auch hier gilt das Gebot der Verhältnismäßigkeit.
Unzulässige Regelungen in der Hausordnung
Ebenso wichtig wie die Kenntnis zulässiger Regelungen ist das Wissen darüber, was eine Hausordnung nicht vorschreiben darf. Der Bundesgerichtshof hat in zahlreichen Entscheidungen klargestellt, dass Regelungen, die in den Kernbereich der Nutzungsrechte eingreifen, unzulässig sind.
Folgende Bestimmungen sind nicht durchsetzbar:
- Generelle Haustierverbote, da diese den Gebrauch des Sondereigentums unverhältnismäßig einschränken
- Dusch- und Badeverbote nach 22 Uhr: wie das Landgericht Köln in seinem Urteil vom 17. April 1997 (LG Köln 1 S 304/96) klarstellte, gehört die Körperhygiene zu den üblichen Wohngeräuschen
- Besuchsverbote oder Übernachtungsverbote für Gäste, da dies in die Privatsphäre eingreift
- Untersagung von Kinderlärm, denn der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 22. August 2017 (BGH VIII ZR 226/16) ausdrücklich betont, dass Geräuschemissionen aus altersgerecht üblichem kindlichen Verhalten grundsätzlich hinzunehmen sind
- Verbot des Musikhörens in Zimmerlautstärke
- Verbot, Wäsche auf dem eigenen Balkon oder in der Wohnung aufzuhängen
- Fahrstuhlfahrverbot während der Nachtruhe
- Festlegung der Raumtemperatur in der eigenen Wohnung
- Generelle Verbote für das Abstellen von Kinderwagen und Gehhilfen im Flur, sofern keine Brandschutzvorschriften verletzt werden
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 5. Februar 1993 (BGH V ZR 62/91) zum Nachbarrecht grundlegend ausgeführt, dass Einwirkungen, die das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß nicht überschreiten, hinzunehmen sind. Dieser Maßstab gilt auch für die Hausordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft.
Bei der Gestaltung einer Hausordnung ist außerdem zu beachten, dass die Regelungen regelmäßig als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB zu qualifizieren sind. Daher müssen sie klar und verständlich formuliert sein und dürfen die andere Seite nicht unangemessen benachteiligen.
Bindungswirkung der Hausordnung
Die Frage, für wen die Hausordnung verbindlich ist, sorgt in der Praxis häufig für Unsicherheit.
Zunächst entfaltet die Hausordnung für alle Eigentümer der Gemeinschaft eine unmittelbare Bindungswirkung. Dies gilt sowohl für Alleineigentümer als auch für Miteigentümer, unabhängig davon, ob sie ihre Wohnung selbst nutzen oder vermieten.
Bei Mietern ist die Rechtslage differenzierter zu betrachten. Der Bundesgerichtshof hat mehrfach (BGH V ZR 295/16; BGH V ZR 271/18) klargestellt, dass ein Mieter nicht mehr Rechte haben kann als der vermietende Wohnungseigentümer und daher auch an eine beschlossene Hausordnung gebunden ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Hausordnung die Nutzung des Gemeinschaftseigentums betrifft.
Für eine rechtlich sichere Bindung des Mieters empfiehlt es sich jedoch dringend, die Hausordnung ausdrücklich zum Bestandteil des Mietvertrages zu machen. Dies kann durch Beifügung als Anlage oder durch direkte Aufnahme in den Vertragstext geschehen. Nur bei einer solchen vertraglichen Einbeziehung kann der vermietende Eigentümer bei Verstößen auch mietrechtliche Konsequenzen wie Abmahnung oder Kündigung ziehen.
Ein häufiger Fehler vermietender Eigentümer besteht darin, im Mietvertrag Bestimmungen zu vereinbaren, die von der Hausordnung abweichen. In solchen Fällen ist der Eigentümer selbst für die Einhaltung der nicht übertragenen Pflichten verantwortlich.
Hat er beispielsweise die laut Hausordnung bestehende Pflicht zur monatlichen Reinigung des Treppenhauses nicht auf den Mieter übertragen, muss er selbst für die Reinigung sorgen.
Besonders wichtig ist die Aufnahme einer dynamischen Anpassungsklausel in den Mietvertrag. Da die Hausordnung durch die Eigentümerversammlung geändert werden kann, sollte vereinbart werden, dass auch geänderte Fassungen für den Mieter verbindlich sind. Andernfalls würde für das Mietverhältnis weiterhin die alte Hausordnung gelten.
Auch Besucher und Gäste sind grundsätzlich an die Hausordnung gebunden, sofern ihnen die Möglichkeit zur Kenntnisnahme gegeben wurde. Dies wird regelmäßig durch einen gut sichtbaren Aushang im Eingangsbereich oder Treppenhaus gewährleistet.
Durchsetzung und Überwachung der Hausordnung
Die Überwachung der Einhaltung der Hausordnung obliegt nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG dem Verwalter. Er ist ausdrücklich verpflichtet, für die Einhaltung der Hausordnung zu sorgen. Dies umfasst regelmäßige Objektbegehungen, die Entgegennahme von Beschwerden und das Einschreiten bei Verstößen.
Allerdings kann der Verwalter nicht eigenmächtig gegen jeden Verstoß gerichtlich vorgehen. Bei gravierenden Fällen sollte er einen gesonderten Sanktionierungs-Beschluss der Wohnungseigentümer herbeiführen. Nur mit einer solchen Ermächtigung durch die Gemeinschaft kann er Unterlassungsklagen erheben oder andere rechtliche Schritte einleiten.
Das erste Mittel bei Verstößen ist die Abmahnung. Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes muss die Abmahnung durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erfolgen. Eine vom einzelnen Wohnungseigentümer ausgesprochene Abmahnung wäre wirkungslos. Die Abmahnung sollte schriftlich erfolgen, das konkrete Fehlverhalten präzise benennen und auf mögliche Konsequenzen bei fortgesetztem Fehlverhalten hinweisen.
Bleibt die Abmahnung erfolglos, kann die Eigentümergemeinschaft mit einfacher Stimmenmehrheit beschließen, den Störer auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Grundlage hierfür ist der Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG in Verbindung mit § 1004 BGB. Wichtig ist dabei die Beweislast: Die sich gestört fühlenden Nachbarn müssen darlegen und beweisen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt.
Bei besonders schwerwiegenden und wiederholten Verstößen kommt als letztes Mittel sogar die Entziehung des Wohnungseigentums nach § 17 WEG oder auch ein Nutzungsverbot in Betracht (mehr zum Thema: Die Entziehung des Wohnungseigentums).
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 15. Oktober 2021 (BGH V ZR 225/20) allerdings betont, dass dauerhafte Nutzungsverbote nur unter sehr engen Voraussetzungen rechtmäßig sind. Und die Entziehung des Sondereigentums ist daher nur als Ultima Ratio anzusehen und erfordert, dass der Eigentümer trotz Abmahnung wiederholt gröblich gegen seine Pflichten verstößt.
Bei Mietern gestaltet sich die Durchsetzung oft komplexer. Hier muss der Verwalter den betreffenden Wohnungseigentümer als Vermieter kontaktieren, damit dieser auf seinen Mieter einwirkt. Nur wenn die Hausordnung wirksam in den Mietvertrag einbezogen wurde, kann der Vermieter bei wiederholten Verstößen eine Kündigung aussprechen.
Verstöße gegen die Hausordnung und Sanktionen
Verstöße gegen die Hausordnung können vielfältig sein. Typische Fälle sind die Missachtung der Ruhezeiten, unsachgemäße Müllentsorgung, unzulässiges Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus oder Belästigungen durch übermäßigen Lärm.
Bei Verstößen durch Eigentümer steht der Gemeinschaft zunächst der Weg der außergerichtlichen Klärung offen. Oft lässt sich durch ein klärendes Gespräch eine einvernehmliche Lösung finden. Führt dies nicht zum Erfolg, kann eine schriftliche Abmahnung ausgesprochen werden.
Im nächsten Schritt kann die Eigentümergemeinschaft auf Grundlage eines entsprechenden Beschlusses gerichtlich gegen den störenden Eigentümer vorgehen. Dabei können Unterlassungsansprüche geltend gemacht oder bei bereits eingetretenen Beeinträchtigungen Beseitigungsansprüche verfolgt werden.
In der Hausordnung kann auch eine Geldbuße für Verstöße vorgesehen werden. Die Verhängung eines solchen Bußgeldes obliegt dann der Eigentümerversammlung, wobei die Höhe stets verhältnismäßig sein muss und sich am Gewicht des Verstoßes orientieren sollte.
Bei Verstößen durch Mieter ist das Vorgehen von der vertraglichen Einbeziehung der Hausordnung abhängig. Ist die Hausordnung Teil des Mietvertrages, kann der Vermieter den Mieter wegen Vertragsbruchs abmahnen. Bei wiederholtem Fehlverhalten kommt sogar eine Kündigung in Betracht.
Das Landgericht Frankfurt hat beispielsweise entschieden, dass der Betrieb von Waschmaschinen während der Nachtruhe einen Kündigungsgrund darstellen kann (LG Frankfurt 2/25 O 359/89).
Wichtig ist jedoch zu beachten, dass nicht jeder Verstoß drastische Maßnahmen rechtfertigt. Geringfügige Beeinträchtigungen, die im Rahmen eines geordneten Zusammenlebens unvermeidlich sind, müssen hingenommen werden. Das Landgericht Karlsruhe hat etwa entschieden, dass das morgendliche Auslegen von Bettwäsche am Fenster zum Lüften keinen erheblichen Nachteil darstellt und sozialadäquat ist.
Änderung der Hausordnung
Im Laufe der Zeit können sich die Bedürfnisse einer Eigentümergemeinschaft ändern. Die Hausordnung muss daher regelmäßig auf ihre Aktualität überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Ein Anlass für eine Änderung können veränderte Nutzungsgewohnheiten, neue gesetzliche Vorgaben oder wiederkehrende Konflikte zu bestimmten Regelungsbereichen sein.
Die Änderung einer durch Beschluss aufgestellten Hausordnung erfolgt ebenfalls per Mehrheitsbeschluss in der Eigentümerversammlung nach § 19 Abs. 1 WEG. Eine besondere Rechtfertigung oder ein sachlicher Grund ist dafür nicht erforderlich. Der Gemeinschaft steht insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum zu, solange die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung beachtet werden.
Bei Änderungsbeschlüssen muss allerdings auf schutzwürdiges Vertrauen einzelner Eigentümer Rücksicht genommen werden. Drastische Einschränkungen, auf die sich Eigentümer bei Erwerb ihrer Wohnung nicht einstellen mussten, können im Einzelfall unzulässig sein.
Wurde die Hausordnung bewusst mit Vereinbarungscharakter geschaffen, kann sie nur durch eine neue Vereinbarung verändert werden. Dies bedeutet, dass alle Eigentümer zustimmen müssen. Im Zweifel ist jedoch davon auszugehen, dass Verhaltensvorgaben nicht als Vereinbarung, sondern als Beschluss zu werten sind.
Nach erfolgreicher Beschlussfassung müssen alle Betroffenen über die Änderungen informiert werden. Wohnungseigentümer sind unverzüglich zu unterrichten. Vermietende Eigentümer sind darüber hinaus verpflichtet, ihre Mieter über Änderungen zu informieren. Im Idealfall wird die aktualisierte Hausordnung auch im Treppenhaus ausgehängt und in der Beschlusssammlung dokumentiert.
Für vermietende Wohnungseigentümer ist besonders wichtig, dass sie im Mietvertrag eine Klausel aufnehmen, wonach Änderungen oder Ergänzungen der Hausordnung automatisch Bestandteil des Mietvertrags werden. Ohne eine solche dynamische Anpassungsklausel können sie in eine schwierige Rechtslage geraten, wenn die geänderte Hausordnung mit den Bestimmungen im Mietvertrag kollidiert.
Praktische Hinweise und Empfehlungen
Für eine wirksame Hausordnung ist es entscheidend, dass sie auf die individuellen Besonderheiten der jeweiligen Wohnanlage zugeschnitten ist. Eine bloße Übernahme von Musterformulierungen wird den spezifischen Bedürfnissen oft nicht gerecht. Berücksichtigen Sie daher bei der Erstellung die baulichen Gegebenheiten, die Zusammensetzung der Bewohnerschaft und bisherige Konfliktfelder.
Achten Sie auf eine klare und verständliche Formulierung. Unbestimmte Begriffe oder zu allgemein gehaltene Regelungen sind im Streitfall nur schwer durchsetzbar. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem Beschluss zum Bestimmtheitsgebot betont, dass Festlegungen von Ruhezeiten gegen das Bestimmtheitserfordernis verstoßen können, wenn sie zu vage formuliert sind.
Für den Verwalter empfiehlt es sich, eine digitale Dokumentation aller Hausordnungen zu führen. Moderne Verwaltungssoftware ermöglicht es, die Hausordnung für alle Eigentümer und Mieter jederzeit online zugänglich zu machen. Dies erhöht die Transparenz und erleichtert die Durchsetzung.
In der Eigentümerversammlung sollte ausreichend Zeit für die Diskussion der Hausordnung eingeplant werden. Nur wenn alle Eigentümer die Möglichkeit haben, ihre Anliegen einzubringen, wird die Hausordnung auch akzeptiert und befolgt.
Bei der Durchsetzung der Hausordnung ist Augenmaß gefragt. Nicht jeder kleine Verstoß rechtfertigt drastische Maßnahmen. Oft lässt sich durch ein freundliches Gespräch mehr erreichen als durch förmliche Abmahnungen. Erst wenn dies erfolglos bleibt, sollten formelle Schritte eingeleitet werden.
Fazit
Die Hausordnung ist weit mehr als eine Sammlung von Verhaltensregeln. Sie bildet das Fundament für ein harmonisches Zusammenleben in der Wohnungseigentümergemeinschaft und trägt wesentlich zur Werterhaltung der Immobilie bei. Ihre rechtliche Verankerung im Wohnungseigentumsgesetz unterstreicht ihre Bedeutung für eine ordnungsgemäße Verwaltung.
Entscheidend für die Wirksamkeit einer Hausordnung ist ihre sachgerechte Gestaltung. Sie muss einerseits hinreichend konkret sein, um im Konfliktfall Orientierung zu geben, darf andererseits aber nicht über das erforderliche Maß hinaus in die Rechte der Eigentümer eingreifen. Die umfangreiche Rechtsprechung der Obergerichte und des Bundesgerichtshofs gibt dabei wertvolle Leitlinien.
Für vermietende Eigentümer ist besonders wichtig, die Hausordnung wirksam in den Mietvertrag einzubeziehen und eine dynamische Anpassungsklausel vorzusehen. Nur so können sie sicherstellen, dass sie nicht zwischen den Anforderungen der Eigentümergemeinschaft und ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Mieter in einen Konflikt geraten.
Die Durchsetzung der Hausordnung erfordert Fingerspitzengefühl. Während konsequentes Vorgehen bei gravierenden Verstößen unverzichtbar ist, sollte bei geringfügigen Regelverletzungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Ein friedliches Miteinander in der Gemeinschaft ist letztlich mehr wert als das strenge Pochen auf jede Vorschrift.
Wenn Sie Fragen zur Hausordnung Ihrer Eigentümergemeinschaft haben oder Unterstützung bei deren Gestaltung oder Durchsetzung benötigen, stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite. Als auf Wohnungseigentumsrecht spezialisierte Kanzlei kennen wir die rechtlichen Fallstricke und helfen Ihnen, praxistaugliche Lösungen zu finden.
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